So war es auch diesmal, als ich nach einer Veranstaltung in Augsburg statt diverser Staus mit Zeitverzögerung von über zwei Stunden eine Bundesstraße gewählt habe.
Anfahrt nach Ellingen
Auf dem Weg von Augsburg nach Nürnberg gelangt man auf der gut ausgebauten B2 nicht weit entfernt vom Altmühltal ins Fränkische Seenland. Eine Dreiviertelstunde südlich von Nürnberg befinden sich Orte wie Weißenburg oder Pleinfeld. Und dazwischen liegt die Perle des Fränkischen Barock: Ellingen.
Ehrlich gesagt war mir das, obwohl ich viele Jahre in Mittelfranken gelebt habe, gar nicht so bewusst: Ellingen. Die Stadt ist alt, die Gegend war schon von den Kelten besiedelt, etwas außerhalb findet sich ein römisches Kastell, nahe des Limes. Ellingen ist eine der schönsten Barockstädte Deutschlands.
Ellingen - die Perle des fränkischen Barock
Zum Glück gibt es an der Bundesstraße eines dieser braunen Schilder, das darauf hinweist. Kurz entschlossen bin ich abgebogen, habe zwischen Schloss und Brauerei geparkt und mich umgesehen. Das strahlende Frühlingswetter lud zu einem Rundgang ein.
Die Stadt ist wirklich sehenswert und alles kann man im Rahmen eines Spaziergangs einfach erlaufen: Kirche, romantische Häuserzeilen, das Rathaus, ein Park sowie das Schloss. Wer sich etwas auskennt, erkennt am Pleinfelder Tor, einem Rest der ehemaligen Stadtmauer, frühbarocke Elemente und findet weiter natürlich Barock sowie Rokoko und auch Klassizismus.
Die Neue Gasse wurde planmäßig angelegt; sie entstand um 1760/70 unter dem Baumeister Matthias Binder im Stil barocker Stadtbaukunst. Die Straße besteht ausschließlich aus Gebäuden mit zwei Geschossen und einer Vortreppe, meist mit Mansardendach, manche sind Doppelhäuser. Es gibt auch eine Synagoge, die 1757-59 erbaut, 1939 profaniert und danach in ein Wohnhaus umgewandelt wurde. Die Häuser in der Neuen Gasse sind bewohnt und wirken gepflegt. Sie stehen unter Denkmalschutz.
Die Stadtpfarrkirche St. Georg ist katholisch und wurde um 1730 erbaut.
Wer sich für kleine Kirchen interessiert, findet hier viele Details.
Auf dem folgenden Foto die Hauptstraße von Ellingen mit Blick auf das Rathaus. Es wurde (genauso wie die Kirche) im Zweiten Weltkrieg zerstört und wieder aufgebaut. Die Bombardierung Ellingens war wohl eine Verwechslung mit dem eigentlich relativ weit entfernten Bamberg und auf schlechtes Wetter zu schieben.
Ein gut beschilderter Barockrundweg führt auf einem Spaziergang durch den Ort und erklärt auf Schautafeln die städtebauliche Einmaligkeit Ellingens.
Schlosspark Ellingen
Der Schlosspark Ellingen ist die Parkanlage der Residenz und war ursprünglich als barocker Garten gestaltet. Im 19. Jahrhundert wurde er zu einem Englischen Landschaftsgarten im Stil des Klassizismus umgestaltet und zum Teil im Zweiten Weltkrieg zerstört. Aus der klassizistischen Phase sind noch Buchen und Gingkobäume vorhanden.
Der Schlosspark bietet einige Spazierwege und ist frei zugänglich. Im früheren Frühjahr soll es hier besonders schön sein, wenn die Blausterne (Scilla bifolia) auf den Wiesen blühen.
Residenzschloss des Deutschen Ordens
Seit 1216 gehörte Ellingen dem Deutschen Orden und war Residenz des Landkomturs der sog. Ballei Franken, was die reichste und bedeutenste Deutschordensprovinz war. Einer Blütezeit im 18. Jahrhunderts verdankt die Stadt auch ihr einheitlich barockes Stadtbild. Mächtigster Bau aus dieser Zeit ist das Deutschordensschloss, der größte und prächtigste Barockbau dieser Art in Süddeutschland.
Im Mittelalter gab es hier verschiedene Vorgängerbauten und einen repräsentative Renaissancebau, Anfang des 18. Jahrhunderts wurde im Stil des Hochbarock an- und neu gebaut. Über die Jahrzehnte entstand die Residenz in ihrer heutigen Form zeitgleich mit den schönen Gebäuden der Stadt. Ende des 18. Jahrhunderts kam es allerdings zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Spannungen innerhalb des Deutschen Ordens, der sich aus Ellingen zurückzog. 1789 wurde der Sitz der Ballei Franken nach Bad Mergentheim verlegt. Damit war die Geschichte des Schlosses Ellingen als Residenz des Deutschen Ordens praktisch beendet.
Das Fürstentum Ansbach, zu dem Ellingen gehörte, kam 1806 zu Bayern. 1815 erhielt Feldmarschall Carl Philipp Fürst von Wrede für seine Verdienste um Bayern während der Napoleonischen Kriege das Schloss und die zugehörigen Besitzungen. 1939 erwarb das Land Bayern die Residenz, Kirche und Park, die von Wredes haben allerdings Wohnrecht. Der Feldmarschall ließ damals einige Raumfluchten mit kostbaren Seiden- und Papiertapeten, Möbeln, Glas und Bronzen aus Paris neu ausstatten. Diese Räume zählen mit den Stuckaturen und Möbeln zu den bedeutendsten Raumkunstwerken des Klassizismus in Bayern.
Der Schlosskomplex ist heute eine Vierflügelanlage mit einem schönen Innenhof. Drei Flügel werden durch das eigentliche Schloss, der vierte, der nördliche wird durch die Schlosskirche gebildet. Das Schloss ist von außen und rundherum frei zugänglich, die Innenräume kann man nur im Rahmen einer Führung besichtigen. Sehenswert sind hier auch das Treppenhaus und die ehemaligen Räume des Landkomturs sowie die Schlosskirche.
Die Bayerische Schlösserverwaltung kümmert sich. Eine Fühung dauert ca. 50 Minuten, von April bis September finden stündlich von 9 bis 17 Uhr Führungen dieser Prunkräume statt, im Winterhalbjahr von 10 bis 15 Uhr. Montags ist geschlossen. Der Eintritt kostet 4,50 Euro.
Ich war gerade rechtzeitig zu einer Führung da und wartete, nachdem ich mir meine Eintrittskarte gekauft hatte, zusammen mit der Führerin auf weitere Besucher. Allerdings kam keiner mehr und so kam ich in den Genuss einer privaten Führung durch die Räumlichkeiten des Residenzschlosses!
Die Führung war sehr interessant, die Dame konnte Geschichte, Baustile und Besonderheiten des Residenzschlosses hervorragend und kurzweilig vermitteln, so dass ich viel erfahren habe.
Innen darf man nicht fotografieren, nur im Treppenhaus. Nach der Führung habe ich noch einen Blick auf die öffentlich zugängliche Ausstellung mit Informationen zum Deutschen Orden geworfen. Es gibt auch eine Toilette und ein Kulturzentrum Ostpreußen in den Räumlichkeiten des Schlosses.
Schlossbrauerei Ellingen
Die Schlossbrauerei wurde 1723 gegenüber des Residenzschlosses erbaut und beherbert heute die Fürstliche Schlossbrauerei Ellingen. Es gibt links davon auch einen Biergarten, hier im Bild.
Das heutige Fürst Carl Bier kann ich empfehlen; es gibt auch Sixpacks zum Probieren.
Mein Spaziergang durch Ellingen hat mir gut getan und wieder mal bewiesen, dass es hierzulande noch viele versteckte Schätze zu entdecken gibt!
Tipp: Wer ins 5 km entfernte Weißenburg möchte, darüber gibt's einen Beitrag bei bistroglobal aus 2024.
Liebe Barbara,
AntwortenLöschenein sehr schöner Beitrag. Ich muss allerdings gestehen, dass ich von Eillingen noch nie etwas gehört habe. Aber es sieht nach einer sehr schönen, sehenswerten, kleinen Stadt aus.
Dass sie im Krieg mit Bamberg verwechselt wurde ist natürlich bitter. Aber auch sehr interessant. Toll, wie die Stadt nun aussieht.
Viele liebe Grüße
Kathi
Hallo Kathi,
Löschenmir ging's genauso - es gibt so viele kleine interessante Orte, die man gar so nicht kennt aber die sehenswert sind. Darüber schreibe ich lieber als über die typischen Reiseziele, die eh jeder schon mal besucht hat.
Liebe Grüße
Barbara
Was für ein schönes Städtchen!
AntwortenLöschenHabe zuvor auch noch nichts von Ellingen gehört. Freue mich aber immer wieder über Berichte solch unbekannter Orte. Da kann man noch so vieles entdecken.
Mir gefallen die Gebäude und deren Architektur sehr gut.
Herzliche Grüße,
Michelle
Hallo Michelle,
Löschenja, ein unaufgeregter Ort mit viel Geschichte. Freut mich, dass es Dir gefällt.
Liebe Grüße
Barbara
Hallo Barbara,
AntwortenLöschenmanchmal hat das Umfahren von Staus auch was Gutes! Ellingen sieht süß aus und kannte ich bis jetzt noch gar nicht!
Ich liebe auch den Barock und finde Deinen Bericht sehr inspiriernd.
LG
Marina
Hallo Marina,
Löschenbeim Umfahren von Staus habe ich echt schon viel gesehen! :-)
Liebe Grüße
Barbara
Liebe Barbara,
AntwortenLöschenich bin immer ganz begeistert von deinen interessanten Insider-Tipps abseits des Mainstreams. Da ich ja auch ein Architektur-Fan bin würde es mir in Ellingen sicher gut gefallen. Überhaupt möchte ich einmal nach Franken reisen. Es gibt so viele schöne Städte dort. Danke für die Inspiration!
LG aus Kärnten, Anita
Hallo Anita,
Löschenin Österreich gibt es ja auch viel Barock. Aber Franken würde Dir sicher gefallen!
Liebe Grüße
Barbara
Liebe Barbara,
AntwortenLöschengenau so machen wir das auch gerne! Runter von der Autobahn und Neues entdecken. Von Ellingen habe ich zuvor noch nie was gehört, da sieht man mal wie wenig wir unser eigenes Land kennen. Danke für den Tipp!
Liebe Grüße
Alex
Hallo Alex,
Löschenbei mir ist es noch peinlicher - ich habe lange Zeit nicht weit davon gewohnt... Unser Land ist sehr vielfältig und zwischendrin freue ich mich immer wieder, welche schönen Oasen ich hier finden kann. Nicht überlaufen, aber extrem interessant und sehenswert. So wie Ellingen.
Liebe Grüße
Barbara
Liebe Barbara!
AntwortenLöschenDas ist ja super schön! So tolle Architektur. Barock ist immer so hübsch, tolle Tipps hast du da!
Liebe Grüße
Ines
Hallo Ines,
LöschenBarock gibt's bei Euch in Österreich ja auch eine Menge. Ich finde den Baustil interessant und spannend zu sehen, was sich wie verändert hat und wie es heute wirkt.
Liebe Grüße
Barbara
Ich muss gestehen, ich habe noch nie von Ellingen gehört. Wenn ich aber deine Geschichte lesen, dann sollte ich das dringend ändern.
AntwortenLöschenWie soll es anders sein, in Franken gibt's natürlich Bier :-)
Ich muss dringend mal wieder nach Franken, die Pläne nehmen Gestalt an.
Liebe Grüße,
Katja
Hallo Katja,
LöschenBier ist natürlich wichtig! ;-)
Franken hat unheimlich viele Sehenswürdigkeiten, ich bin selbst immer wieder begeistert davon. Kein Wunder, dass Bayern und Franken innerhalb Deutschlands die beliebtesten Reiseziele sind! :-)
Liebe Grüße
Barbara