Im Herbst und Winter war ich wieder für einige Wochen beruflich in Shanghai und habe ein paar Impressionen vom Smog, der am 6. Dezember seinen Rekord erreichte, sowie ein paar weitere Fotos und kurze Berichte.
Die Qualität der Luft war wirklich ziemlich heftig; das war wohl auch der Grund, warum ich eine Erkältung samt
Husten bekam - der Dreck musste irgendwie wieder raus... Uns fiel auf, dass wir nur noch sehr flach atmeten - keiner wollte mit dieser Luft die Lungen füllen.
Diese Maske hier ist nur Spaß, ich sah sie herumliegen und habe sie einfach mal aufgesetzt. Bei graugelber Luft, die in den Atemwegen schmerzt, helfen nur richtige Masken.
Die
Smog-Werte entwickelten sich Anfang Dezember langsam von unhealthy über very unhealthy bis hin zu hazardous, also richtig gesundheitsgefährdend. In Zahlen: Die Luftbelastung der gefährlichen Feinstaubpartikel PM2,5 erreichte den Wert von 602,5 µg/m³. Die von der WHO vorgegebene Sicherheitsrichtlinie beträgt 25...
Wenn man die Menschen fragt, ist das der Preis für die wirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand. Wie bei uns früher auch... Eine Freundin aus Shanghai hat mir schon vor Jahren erzählt, sie hätten sich an die schlechte Luft gewöhnt...
Hier ein Foto vom 6. Dezember abends (da wurde es langsam schon wieder besser, bei uns in Pudong war's gefühlt schlechter, man sah weniger weit).
Der Bund sah fast aus wie früher, die Wolkenkratzer im Hintergrund sah man kaum. ;-)
Am Sonntag, dem 8.12. bin ich dann auch geflohen, auf eine Insel etwas nördlich der Stadt.
Chongming liegt an der Mündung des Jangtsekiangs ins Ostchinesische Meer. Die Insel entstand erst vor gut 1000 Jahren durch Ablagerung von angeschwemmtem Schlamm. Sie wird derzeit mit Wohnblöcken und touristisch erschlossen und legt Wert auf Umweltschutz. Es gibt dort einige Naturparks.
Man kommt bequem mit öffentlichen Bussen (fahren am Science and Technology Museum ab) nach Chongming, das Ticket kostet 12 CNY. Von dort fährt man mit dem Taxi weiter.
Wir hatten uns für den Dongtan Wetland Park entschieden, also Feuchtgebiete mit angelegten Wegen, die wir mit gemieteten Fahrrädern erkundet haben. Die Fahrradmiete kostete 20 CNY für 2 Stunden und 10 CNY für jede weitere. Der Eintritt in den Park kostete 80 CNY und lohnt sich meiner Meinung.
Es war schön, ein wenig zu radeln und die Landschaft zu genießen. Außerdem war es sehr leer, wenig Menschen, was mir zur Abwechslung auch gut tat.
Der Park ist gut erschlossen und professionell aufgezogen. Im Sommerhalbjahr ist er bei Vogelkundigen beliebt, auch viele Zugvögel machen dort Station.
So sehen in China inzwischen Autobahnen und
Brücken (hier die große Jangtsekiang-Brücke) aus - alles etwas länger und größer. Die Brücke ist 16,63 km lang, südlich davon ist ein 8,9 km langer Tunnel.
Am Tag zuvor, also am 7. Dezember, hatte ich versucht, möglichst wenig an der Luft zu sein. So habe ich einen Ausflug am Nachmittag zum Jade-Buddha-Tempel gemacht. Ob die Gläubigen wohl für saubere Luft beten?
So ging die Zeit herum, natürlich vor allem mit Arbeiten. In der Fabrik und im Büro war die Luft irgendwann fast genauso dunstig wie draußen.
Und wenn man möglichst wenig raus sollte, gibt es ja noch immer das Hotelzimmer und zum Glück diesmal auch etwas Zeit und Muße, ein Buch zu lesen.
Ich hatte
Sternenzimmer und andere Hotelgeschichten vom Schweizer Autor François Loeb dabei, das im
Allitera Verlag erschienen ist. Es war mir als Rezensionsexemplar angeboten worden und ich hatte spontan zugesagt, da ich ja viele Wochen im Jahr in Hotels verbringe.
Loeb ist bekannt für Surreales, was mir eigentlich ganz gut gefällt. "Das wiederkehrende Moment des fantastisch-grotesken erobert in seinen Geschichten das Geschehen. Seine sprachlich gelungenen Hotelgeschichten sind gut geeignet als „Bettmümpfeli“ mit Gänsehaut-Garantie für kalte Winternächte." So hieß es in der Beschreibung. Und "... in den Eingangsportalen historischer Grandhotels begegnen uns mysteriöse Gäste, geheimnisvolle Empfangschefs, alles verändernde Zeitsprünge bis hin zu surrealen Parallelwelten." Klingt spannend!
Das Buch besteht aus 28 Kurzgeschichten, die in verschiedenen Hotels spielen, von denen ich aber noch nicht alle gelesen habe. Sie sind meist nur 2 bis 3 Seiten lang und daher ideal als kleines Betthupferl. Teils sind sie aber auch länger, so dass man einen Abend damit verbringen kann. Von meinem - durch den Smog und die Metropole ja auch irgendwie surrealen - Alltag brauchte ich immer einige Minuten, um in die Welt des Buchs zu wechseln.
Von der Sprache her gefallen mir die Texte, sie sind wunderbar, teils altmodisch, formuliert. Vom Inhalt her überraschen sie mich, oft gehen sie harmlos los, spielen mit Erwartungen, sezieren die Gedankenwelt der Erzähler, und explodieren in einem überraschenden Ende. Bei manchen hätte ich mehr erwartet und fühlte mich etwas leer zurück gelassen, andere Geschichten haben mir sehr gut gefallen. Zu viel will ich nicht verraten: Ich finde, es eignet sich gut als
Weihnachtsgeschenk nicht nur für Menschen, die viel Zeit in Hotels verbringen und die aus ihrem üblichen Hotel-Trott durch solche phantastische Geschichten ausbrechen möchten.
Als Taschenbuch passt es locker ins Gepäck, es hat einen stabilen Einband und eine Schrift, die ich auch abends noch ohne Lesebrille entziffern kann. Für mich eine optimale Gutenachtlektüre, die ich gerne weiter empfehle.
So ging auch dieser Einsatz vorbei. Zurück ging es am 11. Dezember und diesmal war ich froh, obwohl die Luft langsam wieder besser wurde. Diesmal bin ich von Terminal 1 des Pudong Airport, des internationalen Flughafens Shanghais, heim geflogen, da gefällt mir die Architektur ganz gut.
Das Terminal 1 wurde von Paul Andreu, einem französischen Architekten, der sich auf Flughäfen spezialisiert hat, entworfen und im Oktober 1999 eröffnet. Ich war im Dezember 2000 erstmals dort und erinnere mich noch gut daran, wie beeindruckt ich damals war. Das Terminal 2 gefällt mir deutlich weniger gut. In Terminal 1 konzentrieren sich die Airlines der Sky Team Vereinigung, um China Eastern herum. Ich bin diesmal mit KLM geflogen.