"Eine liebte das Geld, eine liebte das Land, eine liebte die Macht." Das hört man in China oft; die drei Damen sind heute noch bekannt, ihre drei Brüder übten ebenfalls wichtige Positionen aus. Alle Geschwister waren hochgebildet und sprachen neben Chinesisch perfekt Englisch; Song Qingling absolvierte ein College in den USA. Ihre ältere Schwester war mit einem Bankier verheiratet, die jüngere mit Chiang Kai-shek.
Song Qingling setzte sich über ihre Eltern hinweg und heiratete trotz großen Altersunterschieds 1915 Sun Yat-sen, nachdem dieser sich von seiner ersten Frau hatte scheiden lassen. Sun Yat-sen wird als Gründer des modernen China verehrt, er gründete die Kuomintang (KMT) und wurde 1912 erster provisorischer Präsident der Republik China; damit endete das mehr als 2000jährige Kaiserreich. Er starb 1925 (sein Mausoleum in Nanjing habe ich zweimal besucht, u.a. hier). Song Qingling schlug sich während des Bürgerkriegs auf die Seite der Kommunisten und hielt von 1949 bis 1981 höchste Ämter in der Volksrepublik China, u.a. Vizepräsidentin, kurz vor ihrem Tod 1981 wurde sie Ehrenpräsidentin. Sie gilt als die der Schwestern, die ihr Land liebte und wird noch heute verehrt.
Anfahrt und Öffnungszeiten
Ein Besuch in ihrer zum Museum umgebauten früheren Shanghaier Residenz lohnt! Das Museum liegt zentral in der früheren französischen Konzession. Für den Taxifahrer: 宋庆龄故居, auf Englisch Soong Ching Ling Memorial Residence, die Adresse ist 1843 Huaihai Middle Rd, in Xuhui. Anfahrt mit der Metro: Linie 10 und 11 Station Jiaotong University 交通大学, Ausgang 1 oder Linie 10 Shanghai Library 上海图书馆, Ausgang 3. Es gibt eine chinesischsprachige Website und einen englischen Wikipedia-Eintrag. Geöffnet ist täglich von 9 bis 16:30 Uhr. Ich habe 20 Yuan für mein Ticket bezahlt.
Die Anlage ist nicht sehr groß und gut beschildert; man kann seine Route über Hauptgebäude, Garten, Ausstellungshalle und Garage zusammenstellen, wie man mag. Je nach Interesse an chinesischer Geschichte und Song Qingling braucht man für die Besichtigung ein bis zwei Stunden oder auch einen halben Tag.
Das Haus innen ist sehenswert, es wirkt, als ob sie gerade erst ausgezogen wäre. Man sieht auch ihr Büro, eine schöne Treppe, Wohnzimmer, Küche usw.
Gartenanlage mit historischen Bäumen
Bei der Hitzewelle im August fand ich es ganz angenehm, in dem Areal herum zu schlendern. Man kann Gebäude und die parkähnliche Gartenanlage besichtigen. Es war relativ ruhig, außer mir waren nur wenige Besucher dort. Das Hauptgebäude stammt aus 1920, seit 1948 hat Song Qingling es bewohnt. Sie wohnte auch anderswo, in Peking gibt es ebenfalls eine Anlage, die man besichtigen kann.
Viele der Bäume sind alt, sie sind teilweise auch beschriftet, chinesisch und botanisch, z.B. Cinnamomum camphora, der Kampferbaum oder Kampferlorbeer. Davon gibt es über 30 Stück im 2.700 qm großen Garten, die geschützt und kartografiert sind.
Song Qingling ist hier angeblich gerne spaziert und hat den Garten genossen und sich ausgeruht, aber auch selbst gegärtnert. Auf dem Rasen fanden viele Tea Parties statt: Sie hatte viele internationale Gäste, die zu Besuch kamen. Mit etwas Phantasie kann man sich das gut vorstellen! Der Garten wäre heutzutage auch ideal für ein kleines Teehaus; es gibt keinen Imbiss o.ä. auf dem Areal (also Wasserflasche mitbringen!).
Oldtimer
Sehr beeindruckt hat mich die Garage mit zwei Limousinen, die Song Qingling gehörten. Das rechte ist ein Hongqi, ein chinesisches Modell, der linke ist ein Wolga, den sie von Stalin geschenkt bekommen hat. Die beiden Autos sind sehr gepflegt.
Das Anwesen ist übrigens auf der Denkmalliste der Volksrepublik China der geschützten nationalen historischen Stätten und Kulturgüter.
Museum
Die Ausstellungshalle lohnt einen Besuch, sie enthält viele Fotos, Gegenstände, Briefe und andere Quellen aus dem Leben von Song Qingling. Man erfährt sehr viel über ihr Leben und über China in jener Zeit.
Eine interessante Frau, die ich gerne persönlich kennen gelernt hätte!
Auf den Fotos hat sie eine sehr angenehme, ruhige, gutmütige Ausstrahlung. Eine Frau, die in sich ruht und die überzeugt war, dass das, was sie tat und wie sie lebte, richtig war.
Mich hat die Residenz von Song Qingling sehr beeindruckt. Ich hatte während meines Studiums der Sinologie natürlich schon von ihr gehört, aber mit diesem Anschauungsmaterial und dem Besichtigen dieses Anwesens, in dem sie gelebt hat, hat sich mein Bild abgerundet. Klasse!
Danach bin ich zu Fuß weiter in Richtung Xujiahui, dort hatte mich das Gewusel eines typischen Shanghaier Wochenendtags wieder mit Shoppingcentern und einer Masse Menschen. ;-)
Weitere Tipps für Shanghai und Tagesausflüge von Shanghai aus habe ich hier zusammengestellt.
Ein wirklich sehr interessanter Beitrag, liebe Barbara! Es ist fast nicht zu glauben, dass es nur unweit dieser hypermodernen Metropole Shanghai einen so ruhigen, grünen und wunderschönen Ort gibt. Danke für diesen tollen Tipp :) LG aus Kärnten, Anita
AntwortenLöschenDie Residenz ist sogar mitten drin, wirklich zentral gelegen aber doch eine eigene Welt.
LöschenWow, wie interessant auf welche Perlen man immer wieder trifft bzw. liest. Ich kannte Song Quingling vorher noch gar nicht, finde aber solche Persönlichkeiten immer sehr spannend, vor allem wenn es um bedeutende Frauen geht. :-)
AntwortenLöschenLG Daniela
Ja, Daniela, auch wenn sie manchmal untergehen, ich finde solche Frauen immer total interessant. Song Qingling hat über Jahrzehnte eine wichtige Rolle gespielt, auch international. Ein sehr spannendes Leben, zwischendurch auch in Gefahr, es gab ja doch einige "Säuberungsaktionen" in der Geschichte Chinas, da hätte sie leicht unter die Räder kommen können. Während der Kulturrevolution hat Zhou Enlai sich für sie eingesetzt.
LöschenLG Barbara
Liebe Barbara,
AntwortenLöschenwas für ein schöner Artikel. Manchmal stolpert man eher zufällig über Menschen und Orte, die einen letztendlich so begeistern, dass man das manchmal gar nicht in Worte fassen kann.
Interessant finde ich auch, dass dieses Gebäude sehr westlich aussieht (umgebaut oder nicht ) und gar nicht unbedingt so, als würde es sich in der Nähe von Shanghai befinden.
Danke dir, für diesen tollen Beitrag. :)
Viele liebe Grüße
Kathi
Hallo Kathi,
Löschenja, genau, so ist das hier. Das Gebäude wurde in den 1920ern gebaut, aus der Zeit findet man viel westlichen Stil bzw. Kolonialstil in China, es ist also nicht umgebaut sondern wurde original so errichtet.
Shanghai genauso wie Tianjin waren aufgeteilt in ausländische Konzessionen, die dort bereits im 19. Jahrhundert eingerichtet worden waren. So findet man z.B. in der französischen Konzession viele Gebäude im französischen Stil.
Liebe Grüße
Barbara
Liebe Barbara,
AntwortenLöschender Garten sieht soooo schön aus. Da möchte ich am liebsten auch gleich spazieren gehen! Gerade in einer hektischen Metropole wie Shanghai finde ich solche Oasen der Ruhe immer einfach wundervoll. Danke für den tollen Tipp!
Liebe Grüße
Angela
Hallo Angela,
Löschenmir hat diese grüne Oase der Ruhe wirklich gut getan, auch weil es so schwül-heiß war und man sonst immer von Straßenlärm zu unterkühlten Shoppingcenters wechselt. Der Garten hat mir gut gefallen, vor allem auch diese großen Bäume.
Liebe Grüße
Barbara
Hallo Barbara,
AntwortenLöschendie historischen Bäume gefallen mir sehr gut! Weißt du zufällig wie alt die ältesten Bäume dort sind? Hätte ich nur die Fotos gesehen, hätte ich es nicht Shanghai zugeordnet. Dein Artikel ist super interessant und hat so viele geschichtliche Aspekte. Richtig gut recherciertbund geschrieben!
Liebe Grüße, Kuno
Hallo Kuno,
Löschendanke für das Lob! Gerade was China angeht, habe ich früher viel gelernt und wieder vergessen; daher fand ich das selbst spannend, da wieder detaillierter rein zu kommen. Ich weiß leider nicht, wie alt die ältesten Bäume dort waren. Vielleicht wirklich ca. 100 Jahre alt, aus der Zeit, als das Gebäude entstand?
Liebe Grüße
Barbara
Hallo Barbara,
AntwortenLöschenwow, ich wusste gar nicht, dass du Sinologie studiert hast.
Ein sehr interessanter und vor allem informativer Artikel, hab mal wieder eine Menge dazu gelernt. Finde vor allem die Familiengeschichte am Anfang sehr spannend.
Liebe Grüße,
Jessi
Hallo Jessi,
Löschenja, ich habe einen Magister in Sinologie und daher natürlich den Vorteil, dass ich mich auch verständigen kann, wenn ich in China unterwegs bin.
Die Familie Song finde ich auch interessant, da gibt's auch Bücher und Filme drüber.
Liebe Grüße
Barbara
Hallo Barbara,
AntwortenLöschenich bin beeindruckt von der Residenz! Vor allem strahlt sie Ruhe aus in der großen Metropole! Ich denke, wenn ich in Shanghai bin, besuche ich auch deinen Tipp!
Liebe Grüße,
Alex.
Hallo Alex,
Löschenfalls Du mal nach Shanghai fährst, da ist hier ja noch einiges auf dem Blog, und noch viel mehr in meinem Kopf. Also, melde Dich! :-)
Liebe Grüße
Barbara
Liebe Barbara, was für ein toller Beitrag. Ich mag Biografien unheimlich gerne und ich glaube, ich habe in meiner Schulzeit von dieser Dame gehört. Und überhaupt würde ich gerne nochmals in den Fernen Osten reisen. Liebe Grüße, Claudia
AntwortenLöschenHallo Claudia, wenn Du mal hin fahren willst, melde Dich vorher; da habe ich noch einiges an Tipps für Dich. Biografien finde ich auch ein tolles Thema, und sie war wirklich eine interessante Frau. Freut mich, dass dir der Beitrag gefällt. Liebe Grüße, Barbara
LöschenEin sehr schöner Beitrag. Irgendwie sieht die Stadt sehr europäisch aus.
AntwortenLöschenBisher stand Shanghai nicht auf meiner Reiseliste, doch wer weiß....
Liebe Grüße
Katja
Welch eine interessante Persönlichkeit.
AntwortenLöschenSung Ch’ing-ling hatte ich gegoogelt, die Biografie ist spannend. Ein hervorragender Beitrag zu chinesischer Geschichte, danke!